Chinesisches Zeichen - Karate

Bereits im 14. Jahrhundert übten sich die Adeligen OKINAWAs (eine der Ryukyu-Inseln südlich von Japan, die über Jahrhunderte hinweg im Spannungsfeld der Großmächte Japan und China lag) in einer Selbstverteidigungsmethode, die von den Japanern TE (=Hand) und von den Okinawanern TI (=Technik) genannt wurde. Politische und Handels-Beziehungen mit China ergaben den Kontakt mit der chinesischen Kampfkunst QUAN FA, die sich im Laufe der Zeit mit der einheimischen vermischte. Die Wurzeln dieser chinesischen Kunst werden (Unbewiesenehrmaßen) im legendären Shaolin-Kloster gesehen, dürften aber wesentlich älter sein (taoistische Übungen: Tai Qi quan, Qi Gong, Pa Kua, Hsing I).
Die neue Methode hieß TODE. Später verwendete man die Bezeichnung OKINAWA-TE (Okinawa-Hand), um der Kunst einen einheimischen Charakter zu verleihen.

Den Anstoß zur Entwicklung dieser Kampfmethode ergab ein Waffenverbot, durch das sich der Adel entmündigt fühlte. Das einfache Volk setzte Arbeitsgeräte zur Selbstverteidigung ein, woraus sich das KOBUDO (Waffen: BO, SAI, TONFA etc.) entwickelte.

Verschiedene Auffassungen der Kampfkunst-Meister ließ - unter Bezug auf das gemeinsame System - eine Vielfalt an Konzepten (RYU = Stil, Schule) entstehen.

Die Hauptstile wurden jener Stadt zugeordnet, in denen die Meister lebten: So entstanden

SHURI-TE,
TOMARI-TE und
NAHA-TE.

Die beiden Erstgenannten (sie standen einander hinsichtlich der Grundauffassung nahe) wurden später als SHORIN-RYU bezeichnet, NAHA-TE erhielt die Bezeichnung SHOREI-RYU.
Aus diesen beiden Schulen entwickelten sich in Okinawa im Laufe der Jahre zahlreiche weitere Stile, die nicht bloß als Sport, sondern als Lebensschule aufgefasst wurden.

In JAPAN waren diese Kampfkünste bis 1915 (Dr. Tsuyoshi Chitose, Choki Motubo) praktisch unbekannt. Ihre Integration als KARATE ("leere Hand") ins japanische BUDO (Sammelbegriff für Kampfkünste) brachte der okinawanische Meister Gichin FUNAKOSHI zustande, der 1921 auf Einladung des japanischen Kultusministeriums zusammen mit den Meistern Chojun MIYAGI und Kenwa MABUNI nach Japan kam. Als japanische Hauptstile wurden GOJU-RYU, SHITO-RYU, SHOTOKAN-RYU und WADO-RYU festgelegt.

Die japanischen Interpretationen des Karate als Sport führten zu einer unüberbrückbaren Kluft zwischen den okinawanischen Meistern und all jenen, die an der Entwicklung dieses Sportkonzepts beteiligt waren.

Das Sportkarate war aber letztlich der Auslöser für die weltweite Verbreitung des Karate. In den meisten Ländern außerhalb Asiens kennt man KARATE nur als Wettkampfsystem, doch beginnt man nun im Westen die vielen weiteren Aspekte (Selbstbehauptung, Selbstbetrachtung, Persönlichkeitsentfaltung, Gesundheitsweg etc.) des okinawanischen KARATE-DO zu realisieren.

Neben dem klassischen Karate Japans entwickelte sich in den USA eine eigene Variante mit eigenen Regeln, das Kontakt-Karate, das später in Europa als Kickboxen bezeichnet wurde. Speziell die Vollkontakt-Bewerbe (mit Schutzausrüstung) erreichten öffentliches Interesse und sind eng mit Namen wie Carlos Ray "Chuck" Norris, Bill "Superfoot" Wallace, Benny "The Jet" Urquides und Don "The Dragon" Wilson verbunden. In der Zwischenzeit gibt es neben den Vollkontakt-Bewerben auch Semikontakt- und Leichtkontakt-Kämpfen. Auch die Kata wurde weiterentwickelt: Neben den klassischen Formen (hardstyle / softstyle), bei denen der Name der oftmaligen Weltmeisterin Cynthia Rothrock (später Action-Filmstar) auftaucht, gibt es auch Waffen-Kata und die äußerst publikumswirksame Freestyle-Form. Diese Entwicklungen im modernen Wettkampfsport hat die WKF versäumt. Kampfrichterchef Tommy Morris versucht in diesem Sinn zur Zeit Regeländerungen in Kata und Kumite durchzubringen und spektakuläre Aktionen im Sinne der Telegenität und Publikumswirksamkeit einzuarbeiten. Genaugenommen ist diese amerikanische Variante ehrlicher, weil sie sich als modernen Sport sieht und diesen nicht mit der Tradition vermischt. Dies ist auch ein Anliegen von Tommy Morris.